Heute lade ich Sie ein, wenn Sie mögen, einmal in sich hineinzuschauen und sich zu fragen: Ist es für mich in Ordnung, wenn ich mich weniger als neutral oder gut fühle? Möglicherweise ist Ihre Antwort: Nein, das ist nicht in Ordnung für mich.

Dann wäre es interessant zu erkunden, wie viele Vorbilder Sie in ihrem Leben hatten, die sich vorbehaltlos auf jedes Gefühl eingelassen haben, ohne es zu bewerten oder zu vermeiden. Nicht viele, vermutlich. Vielleicht niemanden.

Und natürlich liegt dann auch die Frage nahe, wie oft Sie, seit Sie auf dieser Welt sind, beobachtet haben, dass Menschen vermieden, ihre Gefühle zu fühlen. Unzählige Male, höchstwahrscheinlich.

In unseren Herkunftsfamilien, alltäglichen Begegnungen, in den Medien sehen wir seit frühester Kindheit, wie „man“ mit negativen Gefühlen umgeht, welche Gefühle als erwünscht und welche als unerwünscht angesehen werden.

Angst, Niedergeschlagenheit bzw. Depression, Eifersucht, Unzulänglichkeit bzw. Minderwertigkeit, Einsamkeit sowie Ärger bzw. Wut werden in unserer Gesellschaft negativ bewertet. Entsprechend stark ist der Drang, etwas zu unternehmen, um sich diesen Gefühlen nicht auszusetzen. Zu den beliebtesten Vermeidungsstrategien gehört, sich selbst gar nicht erst zu erlauben, schwierige Gefühle zu fühlen indem man sie ignoriert, ihr Dasein leugnet, schnell darüber hinweggeht, sich betäubt oder ablenkt. Gängige „Hilfsmittel“ sind Alkohol, Drogen, Essen, Medienkonsum, Aufsuchen von Gesellschaft, Arbeiten, sich beschäftigt halten u.v.m. Oder auch Gefühlsvermeidung durch Nachdenken über die Umstände und möglichen Ursachen dieser Gefühle, eventuell sogar Schuldzuweisungen an einen (vermeintlichen) Verursacher. Eine Geschichte rund um die Gefühle wird erfunden, statt diese einfach zu fühlen. Ich sage Geschichte, weil es sich um eine nachträgliche, subjektive Sinngebung handelt.

Grundlegende Überzeugungen hinter solchen Verhaltensmustern sind zum einen die Vorstellung, dass unangenehme Gefühle prinzipiell nicht akzeptabel seien. Oder nur schwer oder gar nicht zu ertragen. Oder, wenn man seine Gefühle fühle, dann müsse man auch „etwas damit machen“ oder aus dieser Erfahrung heraus handeln. Wer also z.B. Eifersucht empfinde, müsse seinem Partner eine Szene machen; wer Angst habe, müsse die Angst auslösende Situation vermeiden; wer Wut fühle, müsse sich aggressiv verhalten; wer sich depressiv fühle, müsse sich selbst entwerten oder schaden.

Kommt Ihnen irgendetwas von dem, was Sie hier lesen bekannt vor? Identifizieren Sie die eine oder andere eigene Überzeugung oder Verhaltensmuster?

Dann gibt es hier gute Neuigkeiten für Sie: Fühlen befreit!

Zweifellos erfordert es Wachheit und Mut, mit den eigenen Gefühlen im Kontakt zu sein und bewusst zu wählen, dass diese sich ungehindert durch das körperliche und emotional-mentale System bewegen dürfen. Es ist ein bisschen wie der Umgang mit einem Gast, den man nicht unbedingt eingeladen hat, man weiß aber, dass er sich umso eher wieder verabschiedet, je weniger man mit ihm herumrangelt, hadert oder diskutiert. Man nimmt ihn am besten mit freundlicher Neutralität zur Kenntnis. Ebenfalls hilfreiche Haltungen gegenüber Gefühlen, die einen ungebeten besuchen kommen: Mitgefühl, Verständnis, bedingungslose Akzeptanz.

Die Wirksamkeit positiver Selbstverbalisationen und Selbstinstruktionen (Begriffe aus der Kognitiven Verhaltenstherapie) um die es hier geht, ist gut erforscht und belegt.

Die Selbstverbalisation „Es ist völlig in Ordnung, sich so zu fühlen“ befreit eine gefühlsmäßige Erfahrung von dem Negativ-Label und verändert damit die Bedeutung der Erfahrung und damit die Erfahrung selbst: Ein Gefühl ist einfach (nur) ein Gefühl. Man gibt sich die Chance, etwas, das ohnehin schon da ist, anzuerkennen ohne die Vorstellung, ein Opfer dieser Erfahrung zu sein oder aus diesen Gefühlen heraus handeln zu müssen.

Vorteile einer Grundeinstellung von „Es ist völlig in Ordnung, sich so zu fühlen“ sind:

Der Widerstand gegen die jeweilige Erfahrung schwindet, dadurch wird weniger Zeit, Aufmerksamkeit und Energie verschwendet.

Sich zu erlauben, das gesamte Spektrum menschlicher Gefühle zuzulassen, macht einen Menschen sehr lebendig und wach, da keine Ressourcen verbraucht werden, um sich abzustumpfen oder etwas zu verdrängen.

Das Gefühl, erfahrbar als eine bestimmte Form von Energie und Empfindungen, die durch den Körper wandern, flaut schneller ab, löst sich zügiger auf.

Ein Grundgefühl von eigener Kompetenz, Resilienz und Stärke im Umgang mit alltäglichen Herausforderungen entwickelt sich.

Der Kopf wird frei, die Situation aus einer übergeordneten Perspektive zu betrachten.

Es wird schneller wieder ein Zustand von Balance und Neutralität erreicht, ein günstiger Ausgangspunkt für die nächsten Schritte. 

Ein Teil der sonst durch Abwehrstrategien gebundenen Aufmerksamkeit kann für Selbstbeobachtung und wertvolle Werkzeuge wie bewusstes Atmen genutzt werden. So können Gefühle bewusst zu Ende gefühlt werden und sich bald verabschieden.

Die Entscheidung selbst, Gefühle neutral zu betrachten und zu erfahren, bringt schon Linderung, da sie die Überzeugung beinhaltet, die Erfahrung sei prinzipiell handhabbar.

„Es ist völlig in Ordnung sich so zu fühlen“ ist der erste Schritt und Ausgangspunkt für die weitere und vertiefte Arbeit mit schwierigen Gefühlen und die Befreiung vom Leiden. Ein wichtiger Schritt in Richtung größerer Freiheit und psychischer Gesundheit.

Aktuell beobachte ich einen thematischen Schwerpunkt in meiner Arbeit mit Klienten, der sich auf Gefühle wie Eifersucht, Angst vor Verlassenwerden und mangelnden Selbstwert bezieht. Und wie ungünstige Strategien im Umgang damit mehr Probleme als Lösungen erzeugen.

Sollten Sie hierzu eine Resonanz verspüren, lade ich Sie herzlich ein, in einem Beratungsgespräch mit mir zu erforschen, wie Sie in dieser Beziehung mehr innere Gelassenheit, Unabhängigkeit und Frieden erleben können. Ein positiveres Selbstbild, eine neue Sicht der eigenen Beziehungen sowie günstigere Verhaltensmuster lassen sich hieraus ableiten.

Und selbstverständlich sind Sie mir auch mit jedem anderen Thema willkommen.